Ist die Digitalisierung eine Chimäre?
05.03.2018
Hat die Digitalisierung die Welt verändert? Und sind die Veränderungen der Digitalisierung unausweichlich und alternativlos?
Die These
Die Digitalisierung ist eine Chimäre?
Insbesondere wenn ständig behauptet wird, bestimmte Veränderungen seien wegen der Digitalisierung unausweichlich/alternativlos.
Meine Antwort und meine Meinung
Eine interessante These. Aber leider falsch.
Vor 31 Jahren: Volkszählung
Als 1987 in Deutschland eine Volkszählung durchgeführt wurde, gab es Boykottgruppen und Bürgerinitiativen, die zu Anti-Volkszählungs-Aktivitäten aufriefen.
"Hiermit wird öffentlich bekanntgegeben, dass ab sofort alle Herrschenden vollständig erfasst und ihre Tage gezählt werden."
31 Jahre später dreht sich alles um Daten.
Jeder will alles von jedem wissen.
Und viele Geschäftsmodelle drehen sich um das Gold des 21. Jahrhunderts:
D A T E N.
Wie kommt es, dass vor 31 Jahren eine Protestwelle durch das Land schwabte
und heute viele Bürger keine Probleme damit haben, ihre Urlaubs- und Familienfotos zu veröffentlichen?
Versicherung
Ich habe 1990 bei der VICTORIA AG (Lebensversicherung) gearbeitet.
Damals wurde ein Lebensversicherungsantrag entwickelt, der entfaltet drei Din-A4 Seiten breit war.
Trotzdem war es nicht möglich, diesen Antrag auszufüllen. Die Kästchen waren zu klein.
Und oft war auch der Wohnzimmertisch des Kunden nicht groß genug für diesen Antrag.
19 Jahre später wurden 14,6 % aller Kfz-Versicherungen online vom Kunden abgeschlossen. Tendenz steigend.
Quelle:
Seite de.statista.com,
Anteil des Online-Kanals am Neugeschäft von Versicherungen im Jahr 2009 nach Produktgruppen,
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/182207/umfrage/anteil-des-online-kanals-am-neugeschaeft-von-versicherungen-nach-produktgruppen,
abgerufen am 22.02.2018
Die Versicherungswirtschaft hat sich in den letzten 30 Jahren sehr stark verändert und die Auswirkungen der "Digitalisierung" sind noch nicht abgeschlossen.
1990 wurde Papier als Kommunikationsmittel eingesetzt, die Antragsdaten wurden zunächst mit dem Kugelschreiber erfasst,
und dann vom Sachbearbeiter in der Direktion vom Papierantrag abgeschrieben und die Antragsdaten in einer vom Versicherer selbst entwickelten Anwendung archiviert.
Irgendwann wurde die daraus resultierende Police ausgedruckt und mit der Post an den Kunden versendet.
Heute werden für bestimmte Produkte - zum Beispiel Kfz - diese Antragsdaten mittels Internet/Smartphone vom Kunden direkt an den betreffenden Versicherer weitergeleitet
und die Antragsdaten werden vollautomatisch in einen Vertrag umgewandelt. Die Police wird ebefalls vollautomatisch per Mail an den Kunden versendet.
Papier als Kommunikationsmittel ist hier nicht mehr vorgesehen.
D.h. der Prozeß "Kunde beantragt eine Versicherung" ist hier "digitalisiert".
Einzelhandel
"Der Online-Handel wird seinen Umsatz 2017 um rund zehn Prozent auf 48,7 Milliarden Euro steigern.
Das entspricht knapp zehn Prozent des Umsatzes im deutschen Einzelhandel, der 2017 nach HDE-Prognose insgesamt 493 Milliarden Euro erzielt."
Quelle:
Seite www.einzelhandel.de,
HDE Online-Monitor,
https://www.einzelhandel.de/online-monitor,
abgerufen am 22.02.2018
Neue Dienstleistungen aus der Cloud
"Einmal ermöglicht allein die Digitalisierung neue Produkte.
Statt früher Fachbücher bieten moderne Verlage heute Lösungssoftware an.
Die Vernetzung führt zu neuen Dienstleistungen aus der Cloud heraus, die heute noch weitgehend unbekannt sind.
Wenn sich Daten über Produktionsanlagen in der Cloud befinden, könnten daraus Wartungs- und Ersatzinvestitionen über Unternehmensgrenzen hinaus gebündelt werden.
Schon heute zeichnet sich ab, dass traditionelle Lieferanten-Kunden-Beziehungen künftig nicht mehr in den bekannten und über längere Zeiträume stabilen Lieferketten organisiert sind,
sondern in Netzwerken, in denen sich ständig neue Mitbewerber einschalten können und der Lieferant seine Eignung ständig neu beweisen muss."
Quelle:
Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Jetzt revolutioniert das Internet die Arbeit,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wie-die-digitalisierung-unternehmen-ergreift-13019296.html,
abgerufen am 22.02.2018
Die Vernetzung der Welt
Milliarden von Geräten werden in naher Zukunft miteinander vernetzt sein.
Das reicht vom Joghurt, der meldet, er müsse gegessen werden, bis zur Smart City.
In dieser werden Daten in Echtzeit erhoben und analysiert, damit der Verkehr besser fließt, die Wasserversorgung effizienter wird und Ressourcen sparsamer genutzt werden.
Den Ausdruck vom "Internet der Dinge" (Internet of Things – IoT) hat der britische Technikpionier Kevin Ashton 1999 geprägt.
Quelle:
www.siemens.com,
Fakten und Prognosen: Die Vernetzung der Welt,
https://www.siemens.com/innovation/de/home/pictures-of-the-future/digitalisierung-und-software/internet-of-things-fakten-und-prognosen.html",
abgerufen am 22.02.2018
Ist die Digitalisierung also eine Chimäre?
Die Digitalisierung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein fortwährender Prozess, der seit mehr als 20 Jahren die Welt permanent verändert.
Und jeder Einzelne muss sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen.
Insofern sind die vielfältigen und komplexen Auswirkungen der Digitalisierung keine Einbildung, die Digitalisierung ist vieles, aber keine Chimäre.
Welche Effekte die Digitalisierung letztendlich in unserem Leben und Alltag haben wird, dass wird die Zukunft zeigen.
Sie hat bereits heute Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und auf die Wirtschaft.
Aber auch auf die Art und Weise, wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen und wie wir unsere Lebenspartner auswählen.
Fest steht, die Digitalisierung hat bereits viele große Umwälzungen hervorgebracht und sie hat das Potenzial, viele weitere Umwälzungen auszulösen.